Die bevorstehenden Neuwahlen in Deutschland am 23. Februar 2025 werfen lange Schatten voraus. Inmitten einer politischen Landschaft, die zunehmend von Unsicherheit und Polarisierung geprägt ist, stehen die Parteien vor der Herausforderung, glaubwürdige Lösungen für drängende Probleme anzubieten. Böse Zungen sehen in «Glaubwürdigkeit» und «deutscher Politik» jedoch beinahe Antonyme. Die zentrale Frage: Kann die deutsche Politik den drohenden Abgrund vermeiden und den Kurs neu justieren?
Ein fragmentiertes Parteiensystem
Die aktuelle Lage zeigt ein Bild der Zersplitterung. Die etablierten Volksparteien CDU/CSU und SPD verlieren weiter an Boden, während kleinere Parteien wie die Grünen, die FDP und die Linke larmoyant um ihren Platz ringen. Gleichzeitig erfährt die AfD mit ihren populistischen und polarisierenden Positionen wachsenden Zulauf. Dieses fragmentierte Parteiensystem erschwert nicht nur die Regierungsbildung, sondern auch die Fähigkeit, langfristige politische Visionen umzusetzen. Die einzige Konstante ist der stetige Wechsel.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen
Ein zentrales Thema, das den Wahlkampf prägt, ist die Wirtschaft. Deutschland, einst der Wirtschaftsmotor Europas schlechthin, sieht sich mit stagnierendem Wachstum, einer abnehmenden Innovationskraft und einer steigenden Steuerlast konfrontiert. Besonders die mittelständischen Unternehmen – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – leiden unter einer ausufernden Bürokratie und immer neuen EU-Verordnungen. Erst kürzlich erfuhren auch wir – wohlgemerkt als Schweizer KMU – was es bedeuten kann, in die Mühle der Deutschen- und EU-Verordnungen zu kommen. Ein in sich selbst iterativer Prozess scheinbar endloser Schlaufen.
Hier bedarf es dringend einer politischen Wende hin zu mehr Wirtschaftsfreiheit. Ansonsten nimmt der Suizid der Wirtschaft in Deutschland seinen eigenen Weg. Eine Entschlackung des Staates, die Reduzierung von Vorschriften und die Förderung von unternehmerischer Initiative, damit die Wirtschaft wieder auf Kurs gebracht wird ist nötig. Doch dazu müssen die Parteien – unabhängig von ihrer ideologischen Ausrichtung – den Mut aufbringen, den regulatorischen Ballast abzuwerfen. In den USA wird es Musk hoffentlich umsetzen. Nur schon, damit die Diskussion endlich weiterkommt. Bringt es etwas, oder ist alles – inklusive dieser Text hier – eben doch nur grosses Blabla? Es wird sich zeigen.
Die Gefahr des „Verordnungsstaates“
Besonders in der Europäischen Union ist ein Trend zu beobachten, der Deutschland und andere Mitgliedstaaten zunehmend belastet: Ein Wust aus Richtlinien, Verboten und Regulierungen droht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu ersticken. Wir sind mittlerweile meilenweit im Hintertreffen. Anstatt Raum für Innovation zu schaffen, setzen viele politische Akteure auf Verbote – sei es in der Klimapolitik, bei der Digitalisierung oder im Bereich der sozialen Gerechtigkeit. In der Schweiz gibt es dafür ebenfalls eine wachsende Zahl an Beispielen. Doch durch Innovation kann Wertschöpfung generiert und im Falle der Klimapolitik entsprechender Klimaschutz betrieben werden. Konkret: Anstatt die Wirtschaft durch Verbote zu hemmen und die Bürger und Konsumenten einzuschränken, könnte man innovative Erfindungen in die Staaten der wahren Klimasünder verkaufen, dort einen viel höheren Grenznutzen erzielen und gleichzeitig noch für die hiesige Wirtschaft den Umsatz ankurbeln.
Das bedeutet jedoch auch, dass nationale und europäische Gesetzgeber einen Rückzug aus Detailregelungen antreten müssen.
Gesellschaftliche Spaltung und politische Verantwortung
Zurück zu Deutschland. Neben wirtschaftlichen Herausforderungen steht die deutsche Politik auch vor der Aufgabe, die zunehmende Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Themen wie Migration, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz sind hoch emotionalisiert und werden oft ideologisch statt pragmatisch diskutiert. Hier liegt die Verantwortung der politischen Akteure darin, Brücken zu bauen und Lösungen zu präsentieren, die einen breiten Konsens finden. Darum geht es doch schliesslich in der demokratischen Politik. Leider bieten die deutschen Medien hierfür kaum Support; sie leiden – wohl zu Recht – unter grossem Glaubwürdigkeitsverlusten.
Ein Blick nach vorne
Die Neuwahlen 2025 bieten eine Chance, die politischen Weichen neu zu stellen. Entscheidend wird sein, ob die neue Bundesregierung den Mut aufbringt, die dringend notwendigen Reformen anzupacken. Deutschland braucht weniger Staat, mehr Freiheit und eine Politik, die sich an den realen Bedürfnissen seiner Menschen orientiert, statt ideologischen Träumen nachzujagen.
Nach dem 20. Januar 2025 und Donald Trump’s Amtsantritt schaut die Welt auf Deutschland. Es wird sich zeigen, ob das Land wieder zu einem Stabilitätsanker und Innovationstreiber wird – oder ob es weiter in die politische und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit abdriftet. Und die Schweiz gar mitzieht?
Von: Gregory Nöthiger, Partner bei Dr. Borer & Partner AG
21.01.2025